Montag, 25. Februar 2013

Mann, haben die genervt ...


Es war ein Fehler, dass ich nicht von vornherein dieses Telefongespräch abgewürgt hatte.

Der erste Versuch klappte halbwegs. Eine Frauenstimme mit undeutlichem, osteuropäischem Akzent, wollte zunächst meine Göttergattin sprechen. Als diese Frauenstimme etwas von der Rhein Energie daher faselte, war meine Frau irritiert und gab das Gespräch an mich zurück.
„Rhein Energie AG“ klang holprig aus ihrer Stimme heraus.
„Ich bin nicht Kunde der Rhein Energie, ich bin Kunde der RWE.“
„Die RWE hat ihre Strompreise zum 1. Januar erhöht.“
„Davon weiß ich nichts. Achja, die RWE nutzt wohl Ihr Stromnetz. Sie haben die Strompreiserhöhung an die RWE weitergeleitet, die RWE aber noch nicht an ihre Kunden.“
„Die RWE hat ihre Strompreise zum 1. Januar erhöht.“
„Klären Sie dies bitte intern mit den RWE“ schloss ich die stereotype Antwort ab. „Ich bin Kunde der RWE. Wenn etwas mit der internen Netzverrechnung mit den RWE nicht passt, rufen Sie bitte die RWE an.“ Ich legte den Telefonhörer auf. Die osteuropäische, gebrochene Frauenstimme verhallte.

Ich hatte gedacht, dass ich das Thema zu den Akten gelegt hätte, doch am nächsten Tag wiederholte es sich. Dieselbe Uhrzeit – 18 Uhr – derselbe Stromversorger – Rhein Energie – dieselbe Irritation, denn seit etwas mehr wie einem Jahr hatten wir von der Rhein Energie zur RWE gewechselt, weil diese rund einhundert Euro pro Jahr günstiger waren. Diesmal meldete sich nicht dieselbe Frauenstimme aus Osteuropa, sondern eine helle Männerstimme in akzentfreiem Deutsch.

Nach dem Telefongespräch ärgerte ich mich, dass ich dieses Herumgerede zugelassen hatte und das Gespräch nicht nach ein paar Sätzen beendet hatte. Ich hatte gelernt, dass Verkaufsgespräche nicht zu einem Wesenskern führen, sondern dass der Wesenskern erst ganz zum Schluss aufgetischt wird. Der Anrufende sagt nicht, was er will, sondern er lullt den anderen ein. Am Anfang stehen Plattheiten und Nichtigkeiten, die man bejaht. Aus dem unspezifischen werden die Fragestellungen konkreter, bis das Frage- und Antwortspiel in eine ganz bestimmte Richtung lenkt. Diese bewusste Interaktion, die nur in eine Richtung ging, wurde mir rasch suspekt. Schon nach den ersten Sätzen schlussfolgerte ich, dass der Grund des Anrufs nichts mit Netzverrechnungen zwischen der Rhein Energie und den RWE zu tun hatte.

„Was für eine Zählernummer haben Sie ?“
Ich begab mich in den Keller.
„Wieviele Personen leben in Ihrem Haushalt ?“
„Vier, zeitweilig, aber eher selten, fünf Personen.“
„Wieviele Kilowattstunden verbrauchen Sie im Jahr ?“
„Weiß ich nicht. Da müsste ich in meine letzte Jahresstromabrechnung schauen. Die heraus zu suchen, dazu habe ich im Moment leider keine Lust.“
„Dann könnte ich Ihnen den günstigen Rhein Energie-Umwelt-Tarif berechnen.“
„Ich bin Kunde der RWE und nicht der Rhein Energie.“
„Dann könnte ich Ihnen den Rhein Energie-Umwelt-Tarif berechnen. Mit diesem Angebot sparen Sie gegenüber Ihrem jetzigen RWE-Tarif.“

Das Gespräch endete in demselben stereotypen Geplappere wie am Vortag; es befand sich in einer Sackgasse. Anstatt mich zu erlösen, klammerte sich die helle Männerstimme an der Vision fest, mich mit diesem Rhein Energie-Umwelt-Tarif beglücken zu wollen.

„Sie meinen, ich soll den Anbieter wechseln und zu Ihnen zurückkehren.“
„Als Stromversorger sind wir ein kompetenter Partner und mit uns treffen Sie eine gute Wahl.“

Ich war sauer. Ich staunte, dass der Mitarbeiter in der letzten Konsequenz seines Verkaufsgesprächs undeutlich blieb. Es schwirrte lediglich eine unverbindliche Bitte im Raum herum , Ja oder Nein zu sagen. Verkaufsgespräche können grausam sein, wenn man ihre Tarnung – so wie ich – zu spät erkennt. Vielleicht war auch die Psychologie des Verkaufsgesprächs falsch getaktet: das Ja, die Kaufentscheidung sollte der Kunde selbst treffen. Ich ärgerte mich über die Zeit, die mir die Rhein Energie geklaut hatte. Das Thema, den Stromanbieter zu wechseln, hätte nach ein paar Sätzen erledigt sein können. Ich knallte den Hörer auf die Gabel.

Im nachhinein fiel mir ein, dass seit 2009 Telefonwerbung verboten ist. Ich wüsste nicht, dass ich der Rhein Energie erlaubt hätte, mich für solch einen Zweck anzurufen. Immerhin: die Flut solcher Anrufe hatte merklich nachgelassen. Versandhandel, Versicherungen, Telekommunikationsanbieter, Weinpräsente, Banken hatten mich noch vor rund einem Jahr Zeit und Nerven gekostet. Das Verbot wirkt mittlerweile. Unser Telefon hat sich danach spürbar beruhigt

6 Kommentare:

  1. Hallo Dieter,

    mich verwundert ein wenig, dass du tatsächlich in den Keller gegangen bist, um die Zählernummer abzulesen......ich muss jetzt echt ein bisschen grinsen. Nein, es ist keine Schadensfreude, sondern was du hier schreibst, zeigt ja, mit welchen Techniken solche Gespräche geführt werden.

    Dieses Herumgesulze zu Beginn eines Gesprächs, das kann mich echt auf die Palme bringen und da läuten auch schon die Alarmglocken.

    Anders formuliert, am Telefon bekommt keiner von mir eine Auskunft, aus, basta. :-)

    Liebe Grüße und hab einfach eine schöne und erholsame Woche, frei von solchen Plagegeistern :-)
    Christa

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  2. Ich habe mal versuchsweise in einem Call-Center gearbeitet. Neben vielen anderen Dingen, die ich hier nicht erzählen möchte, habe ich eins gelernt: Man sagt dem Menschen am Telefon, er möge einen Haken in das Kästchen "Kunde möchte nicht angerufen werden" setzen, wünscht noch einen schönen Tag und legt auf. Und in den meisten Fällen ist man die Störer des heimischen Friedens los.
    Grüße in die alte Heimat!

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  3. Da biste aber wirklich ausdauernd^^ In D. schon habe ich diese Gespräche abgewürgt, immer höflich weil die Anrufer selbst ja nix dafür können...immerhin isses ihr Job.

    Hier gehts meist nur ums Telefon und da habe ich es einfacher: Deutsche Anbieter weise ich sofort darauf hin dass ich per Skype telefoniere, dagegen können sie nicht "anstinken", und alle anderen Anbieter kann ich sofort abwürgen indem ich sie bitte doch in Deutsch zu sprechen *gg* Fies, gelle^^

    Lass dich aber nicht ärgern und hab dennoch einen schönen Tag.

    liebe Grüssle
    Nova

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  4. Oh ja, diese nervtötenden Werbanrufe. Da schwillt mir auch jedes Mal der Kamm: Sie haben gewonnen, jetzt müssten sie nur noch *schnellredblubb*. Und einen nicht erst zu Wort kommen lassen, das kostete mich auch immer ganz schön Beherrschung. Und wenn man abwimmeln will dann den Partner verlangen, weil man das ja nur mit ihm persönlich besprechen darf. Aber wie du richtig sagst, ist es weniger geworden.
    Gott sei Dank!

    Liebe Grüße,
    N.

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  5. Hallo Dieter, versteh ich nicht...warum legst Du nicht einfach auf.
    Diese Anrufe sind nervend. Wenn ich Werbeanrufe bekomme lege ich auf und fertig.

    Liebe Grüße
    Angelika

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  6. Oh, ich bin der Schrecken solcher Anrufer *ggg*
    Ich bin da sehr direkt und lenke das Gespräch ganz gezielt selbst auf die eigentlichen Fakten und sollten mir diese nicht zu meiner Zufriedenheit recht flott genannt werden / können, dann beende ich natürlich mit Vorhersage zügig das Gespräch ;-)

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