Dienstag, 25. September 2012

Wochenrückblick #38

Im Fernsehen
Beim Friseur musste ich zuletzt eingestehen, dass ich bei wichtigen Fernseh-Ereignissen nicht auf dem Laufenden war. Abends wollte sich die Friseuse das Super-Talent mit Thomas Gottschalk anschauen. Mir waren nur Jury-Mitglieder wie Dieter Bohlen, die Fußballer-Ehefrau Silvie van der Vaart oder Sarah Connor ein Begriff. Aber Thomas Gottschalk ? Sonntag Vormittag war es soweit: das Super-Talent flimmerte auf dem Bildschirm, verwundert stellte ich fest, dass sich Dieter Bohlen, Michelle Hunziker und Thomas Gottschalk mit ihrem geballten Sachverstand zusammengetan hatten, um Artisten und Sänger zu begutachten. Unsere Kleine hatte sich auf unsere Couch platziert und ließ sich von Show und Klamauk berieseln. Elegant und geschmeidig ging es zu, als zwei Inder sich um eine Art von Marterpfahl wanden und drehten. Danach überzeugte ein schwarzer Sänger aus den Niederlanden mit dem schwedisch Nachnamen „Johansson“, wie er mit ausdrucksvoller Stimme das Stück „I believe“ sang. Dann hantierte ich in der Küche herum, bis ich Michelle Hunzigers kreidebleiches Gesicht sah. Sie würgte, als ob sie sich jeden Moment übergeben könnte. So schwarz, wie der 26 jährige New Yorker Künstler gekleidet war, so schwarz, wie seine Haarlocke in sein schneeweißes Gesicht fiel und so schwarz, wie seine Fingernägel lackiert waren, erinnerte er mich an die Leiche, die in der Kurzgeschichte „Der Untergang des Hauses Usher“ von Edgar Allan Poe aus dem Sarg wieder auferstanden war und mitten auf die Bühne getreten war. Als ich weiterschaute, traute ich meinen Augen nicht: er hatten einen Draht durch seinen eigenen Hals gebohrt und er war gerade dabei, sich seine Kehle durch zu schneiden. Und ganz gebannt, mit weit geöffneten Augen schaute unsere Kleine mitten in den Fernseher hinein. Die Augenblicke, bis ich den Ausschalteknopf der Fernbedienung fand, dauerten eine gefühlte Ewigkeit. Ich verfluchte die Jury inklusive Thomas Gottschalk, dass sie diesen Auftritt aus einem Horror-Film überhaupt zugelassen hatten. Am liebsten hätte ich eine Handgranate in unserem Fernseher geworfen.

Health Award
Nicht nur unter Bloggern, sondern auch bei unserer Arbeit werden Awards verliehen. „Health Award“, das klingt professionell. Durch Anglizismen wird die Bedeutung in ganz andere Sphären gehoben. Um zur deutschen Sprache zurückzukehren: bei dieser Gesundheits-Trophäe werden sportliche Aktivitäten berücksichtigt, die zur Arbeit oder als Ausgleich außerhalb der Arbeit betrieben werden. Von Oktober bis Dezember wird gezählt und in Kalorienverbrauch umgerechnet, wie viel sich jeder bewegt. Letzte Woche hat unser Chef nachgefragt, wer sich daran beteiligen wollte. Dabei wurde ich sogar als leuchtendes Vorbild dargestellt, wie viele Fahrradkilometer ich zusammenbekäme (wobei ich von Oktober bis Dezember wegen der Dunkelheit weniger Fahrradkilometer zurücklegen werde). Nun haben auf diesen Aufruf eine Reihe von Fahrradfahrern und Joggern – inkulsive Halbmarathon-Läufer – reagiert. Bei einigen Teilnehmern habe ich bewundert, welche Blüten die rege Phantasie treiben kann. Gartenarbeit und Rasenmähen, Hausputz und Meditation, Holzhacken und Spaziergang mit Hund haben sie als sportliche Aktivität aufgezählt. Ja, bei so manchen Aktivitäten kann ich bestätigen, dass sie auch anstrengend sein können. Zum Beispiel Garten umgraben oder die Bückerei beim Bodenwischen, die ins Kreuz geht. Nur eine Betätigung, die viele einbringen wollten, war unzulässig: Sex. Obwohl sie auf wissenschaftlich erwiesene Studien verwiesen, dass Sex Kalorien verbraucht.

201.000 km und 2 Jahre TÜV
Der KFZ-Werkstatt und dem TÜV-Prüfer sei Dank: letzten Freitag hat unser Auto für zwei weitere Jahre eine TÜV-Plakette bekommen. Der Junior-Chef hatte zuvor noch gemeint, unser Auto laufe „wie ein Uhrwerk“ – womit er zweifellos Recht hat. Vergaserflansch erneuern, undichter Auspuff, Teile des Getriebes erneuern, dadurch waren Mehrkosten von 500 € gegenüber einer normalen Inspektion entstanden. Bei rund 18.000 Kilometern, die unser Auto pro Jahr fährt, hatte ich im Stillen mit so etwas gerechnet (aber nichts für einen solchen Fall zurückgelegt). Hauptsache, durch den TÜV, das war mir in diesem Moment wichtiger als diese Mehrkosten. Auf die nächsten zwei Jahre. Mal sehen, wie alt unser Auto wird.

Ralf Dahrendorf
Ich habe sein Buch „Reisen von innen nach außen“, das 1984 erschienen ist, nochmals gelesen. Dahrendorf hat sich in Spitzenpositionen auf unterschiedlichen Gebieten betätigt. Er hat ursprünglich Philosophie und klassische Philologie studiert. Danach war es bis 1970 Landtagsabgeordneter der FDP, bis 1974 war er in der Europäischen Kommission in Brüssel tätig, bis 1984 war er Professor an der London School of Economics, bis 1997 war er Professor an den Universitäten Konstanz, New York und Oxford. Seit 1998 besitzt er die britische Staatsbürgerschaft, seit 1993 war er Mitglied des britischen Parlamentes. 2009 starb Ralf Dahrendorf. Bereichsübergreifend bewegen sich seine Denkansätze zwischen der Soziologie, der Philosophie und der Ökonomie. Traditionelle Bindungen, die die Menschen festhalten, entfallen. Dies wird verstärkt durch einen Lobbyismus im Großen und im Kleinen, das Gruppen und Grüppchen in der Gesellschaft ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen. Dahrendorf verbindet dies mit dem Begriff des Lumpenproletariats bei Marx. Wirtschaftswachstum dient als Religionsersatz. Zum einen stößt das Wachstum an seine Grenzen (siehe Berichte des Club of Rome), zum anderen profitieren nicht alle gleich vom Wirtschaftswachstum. Insbesondere bei niedrigem Wirtschaftswachstum zeigen sich die Schattenseiten der Wirtschaft – das sind Arbeitslose oder das ist auch Schwarzarbeit. Da Auffangsysteme in der Gesellschaft weggefallen sind, rutschen viele ins Bodenlose ab. Obdachlose, Jugendliche ohne Schulabschluss, Asylanten, Ghettoisierung, Junkies, Drogensüchtige, Massenschlägereien bei Fußballspielen oder Demos: Dahrendorf betrachtet dies als neues Lumpenproletariat von Menschen, die durch jedes ökonomische Raster fallen und denen die Gesellschaft keinen Halt bieten kann. Das Lumpenproletariat wächst, und wenn man diesen Menschen helfen will, doktert man nur an den Symptomen herum und nicht an den Ursachen.

Glockentürme (3)
Zu dem Glockenturm in Douai (Nordfrankreich) habe ich auf youtube Filme gefunden.


Song der Woche
In den 70er Jahre hatte ich sie nie gerne gehört, weil mir ihre Hits "Hey Tonight" oder "Looking out my back Door" nie gefielen. Seit ich mein Internet-Radio besitze, habe ich Creedence Clearwater Revival häufig und gerne auf Radio Caroline gehört. Dort wurden die LP-Versionen u.a. von "I put a spell on you" oder "Born on a Bayou" gespielt. Zuletzt lief "Suzy Q". Dieses Stück ging mir nicht mehr aus dem Ohr !



4 Kommentare:

  1. Na super Dieter das Euer Auto moch mal die TÜV Plakette bekommen hat. Hast Du nun zwei Jahre Zeit, Dir Gedanken zu machen.....welches Auto das nächste sein soll.

    Mit guten Bücher ist es wie mit guten Filmen, man muß es mehrmals lesen. ich habe auch viele Bücher, die ich öffters gelesen habe.

    Sportliche Aktivitäten sieht jeder unterschiedlich. Ich betrachte meine Wassergymnastik, mein Mittwochs-Wandergruppe und mein Yoga auch als Sport, genau richtig für meinen Körper. Deine Radtouren wären für meinen Körper Mord. So verschieden sind die Menschen.

    Der Glockenturm ist wunderschön auch das Rathaus hat was. Wieviel Glocken dieser Turm besitzt, ein herliches Glockenspiel.

    Eine schöne Woche und liebe Grüße
    Angelika

    AntwortenLöschen
  2. Im Fernsehn: Sonntag VORMITTAG ???? Zur Kinderfernsehstunde? Oh, da hätte ich auch Bomben werfen wollen.

    AntwortenLöschen
  3. klasse Musik ... Creedence Clearwater Revival :-) Nebenher lese ich deinen Wochenrückblick - wieder sehr gerne.
    lieber Gruß von Heidi-Trollspecht

    AntwortenLöschen
  4. Das Supertalent und DSDS ... 2 Sendungen, mit denen ich irgendwie überhaupt nichts anfangen kann. Auch war ich sehr erstaunt, als ich las, dass Herr Gottschalk sich dafür hergegeben hat. Ich hoffe, er bereut es nicht noch ... oder schon ;-)

    AntwortenLöschen